Der Todesmarsch - Zeitzeugenberichte

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Der Todesmarsch

Gewalt und Vertreibung
9.Juni 1945: Nach den grausigen Exzessen auf dem Jahn- Spielplatz trieb man die anderen hinaus zur Stadt. In Sechserreihen gegliedert, begann nun, dem Weinberg empor, der Todesmarsch. Alle Fenster der Stadt und in den Dörfern waren geschlossen. Nirgends zeigten sich Menschen. Und wo sich wirklich ein verängstigtes Gesicht hinter den Gardinen sehen ließ, wurde unbarmherzig hineingeschossen. Die Kolonne schien endlos, 6000 bis 8000 mochten es gewesen sein. Darunter auch viele Alte und Kranke.
Die Bewachung war noch verstärkt worden. Alle 10 bis 15 Meter ging ein Soldat mit schußbereiter Maschinenpistole. Hinter dem Zug fuhr ein LKW mit aufgestelltem Maschinengewehr. Jeder fragte sich im stillen: Was wird es nun an neuer Teufelei geben !? Bald ging es vorbei am Alaunsee, über Udwitz durch Görkau nach Rothenhaus. Ja, wir sahen dich noch einmal, liebe Heimat, die wir dich immer mit frohem Herzen in allen deinen Winkeln durchforscht und erwandert hatten. Verhülle dein Antlitz und weine mit deinen Söhnen die hier wie Tiere dahingetrieben werden, einem unbekannten Schicksal entgegen.
Da wurde Laufschritt befohlen.Gewehrkolben und Peitschen halfen nach. Ein politischer Leiter in Uniform mußte, mit einem Hitlerbild in der Hand, um den Zug laufen. Er hat es nicht lange getan. Bald darauf sah ich andere aus der Reihe fallen und am Wegrand vor Erschöpfung zusammensinken (Willomitzer). Und nun geschah das Furchtbare.


Die Route des Todesmarsches


________________________  Route des Todesmarsches

________________________ Kreisgrenze Brüx

________________________ Staatsgrenze


Die Tschechen hatten ein Nachkommando bereitgestellt mit der Aufgabe, alles, was zurückblieb, mit einem Genickschuß zu erledigen. Weiter ging es. Durch Kunersdorf- Bartelsdorf- Eisenberg. Immer öfters knallten hinter uns Schüsse, die Mörder hatten Hochbetrieb.Von Eisenberg ging es nun die steile Gebirgsstraße dem Kamm des Erzgebirges entgegen. Schweigend nahm der Wald die Kolonne auf. Zu immer größeren Hasten trieben uns die Tschechen an, immer toller wurde die Schießerei. Mit leerem Magen und von Durst gequält hasteten wir vorwärts. Neben mir Herr Schulrat Fritsch, vor mir stolperte Piano- Lutz.
Dann die ersten Häuser von Gebirgsneudorf. Wird der Todesmarsch hier sein Ende finden ? Tatsächlich hieß es: "Halt". Das erste Mal halt, das erste Mal ausruhen. Indessen war es dunkel geworden. Der Morgen brachte nichts Neues. Da und dort fingen welche an, Gras zu "fressen". Am dritten  Tag früh mußten wir wieder auf der Straße antreten. Es ging aber nicht über die Grenze, sondern zurück. Bald wußten wir, was das neue Ziel unseres Marsches war. Es ging in das Kohlebecken von Brüx, in das große Hydrierwerk von Maltheuern. Die Tschechen brauchten Arbeitssklaven. Wir sollten sie sein. Eine neue Station auf unserem Leidensweg tat ihre Pforten auf.
Der Eisenberger Wald, durch den die Todeskolonne getrieben wurde
Steil ist das Gelände hinter Schloß Eisenberg
 
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